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Deinococcus radiodurans

In dieser Arbeit wurde der HPI-layer2.4 des Gram-negativen Eubakteriums Deinococcus radiodurans (DR) Stamm R$_1$ als biologische Maske zur Oberflächenstrukturierung verwendet. Aufgrund der relativ großen Struktur, seiner hohen mechanischen Stabilität und hohen Strahlungsresistenz eignet sich dieser S-layer sehr gut als Maske für die Strukturierung.

Die Isolierung von DR gelang zum erstenmal Anderson et al. im Jahre 1956 [2]. Das Bakterium wurde in Fleischdosen gefunden, die zur Entkeimung mit 2 bis 3 Mrad ionisierenden Gammastrahlen behandelt worden waren. Das früher als Micrococcus radiodurans bezeichnete Bakterium wurde 1981 von Brooks et al. [11], aufgrund zahlreicher für die Gattung Micrococcus untypischer Charakteristika, systematisch neu eingeordnet und wird seitdem als Deinococcus2.5 radiodurans bezeichnet.

Neben den beiden bekanntesten Stämmen Deinococcus radiodurans R$_1$ und Deinococcus radiodurans Sark existieren noch über 20 weitere Stämme diese Bakteriums [12]. Viele der anderen Stämme sind Mutanten von R$_1$ und Sark. Es gibt nur geringe Unterschiede zwischen den Proteinen der einzelnen Stämme [35]. Die S-layer der beiden Stämme R$_1$ und Sark haben dieselbe Gitterkonstante und ihr Molekulargewicht unterscheidet sich nur geringfügig [46,4].

DR ist geradezu berühmt für seine sehr hohe Resistenz gegen UV- und Röntgenstrahlung [19].2.6 Die Gründe für die hohe Strahlenresistenz liegen vor allem an dem sehr effizienten DNA-Reparaturmechanismus, der es DR sogar erlaubt DNA-Doppelstrangbrüche zu reparieren. Einen kurzen Überblick über dieses weite Themenfeld gibt z.B. [42].


Die Zellwand von DR besteht aus sieben verschiedenen Schichten (siehe Abbildung 1.4).

Abbildung 1.4: Zellwand Modell von Deinococcus radiodurans, nach [35]
\includegraphics [width=\textwidth]{Bilder/Zellwand.eps}

Von innen nach außen betrachtet finden wir folgende Schichten [35]:
  1. Cytoplasmatische Membran
  2. Periplasmatischer Raum
  3. Perforiertes Murein mit Löchern, die einen Durchmesser von etwa
    10-11nm haben
  4. Intercalating Material
  5. Äußere Membran (Backing Layer)
  6. HPI-layer
  7. Kohlenhydrat-Kapsel (Glycocalyx)
Die Schichten 4 bis 7 werden zusammen auch als Pink Envelope bezeichnet.


In dieser Arbeit wurde allein der HPI-layer verwendet, der nach einem Standardverfahren [5] im Max-Planck-Institut für Biochemie in Martinsried von U. Santarius gewonnen und uns freundlicherweise zur Verfügung gestellt wurde. Die etwa $1\times 1\,\mu$m großen HPI-layer Stücke sind aus Haltbarkeitsgründen in einer Lösung aus Wasser und 0,01% Natriumazid2.7suspendiert.


Der HPI-layer von Deinococcus radiodurans Sark ist eines von sehr wenigen S-layer Proteinen, deren genetischer Code vollständig entschlüsselt wurde [47].

Die Struktur des HPI-layers ist in vielen verschiedenen Studien mit den oben beschriebenen Methoden untersucht worden [4,5,23,34,46,63].

Abbildung 1.5: AFM Bild eines HPI-layers, der auf einem Si-Wafer deponiert wurde [38].
\includegraphics [width=.85\textwidth]{Bilder/S-layer-Pur.eps}

Im Vorfeld dieser Arbeit haben B. Kiefer und D. Meyners die Struktur des HPI-layers mit einem Kraftmikroskop untersucht. Sie waren in der Lage die Topographie eines HPI-layers abzubilden, der auf einem Si-Wafer deponiert wurde (Abbildung 1.5).

Der massive Core, mit einer Pore in der Mitte, wird aus sechs Protomeren2.8 gebildet. Von dem Core gehen Spokes aus, die die einzelnen Cores miteinander verbinden. Die Cores sind in einer hexagonalen (p6) Struktur, mit einer Gitterkonstante von $a=b=18$nm, angeordnet. Auf der inneren Oberfläche des HPI-layers haben die Cores einen Durchmesser von ca. 10nm und die darin enthaltenen Poren sind ca. 2nm groß. Auf der äußeren Oberfläche haben die Cores einen Durchmesser von ca. 15nm und die Poren sind ca. 4nm groß [46].

Nach der strukturellen Klassifikation von Saxton und Baumeister [3, Appendix] (siehe auch Abbildung 1.3) hat der HPI-layer eine M$_6$C$_2$ Struktur.

Die Dicke des HPI-layers wird von Müller et al. [46] mit 7 $\pm\
0,5$nm angegeben. Zwei Schichten übereinander haben eine Dicke von 14,7 $\pm\
0,5$nm, wenn die äußere auf der inneren Oberfläche liegt. Wenn jedoch zwei innere Oberflächen aufeinander liegen sind zwei Schichten 17,4 $\pm\
0,8$nm dick. Die Autoren führen dies auf unterschiedliche Wechselwirkungen zwischen zwei inneren Oberflächen und einer inneren und einer äußeren Oberfläche zurück.

Abbildung 1.6: Bild eines 3D Modells von DR, aus [35]
\includegraphics [width=.85\textwidth]{Bilder/3DModell.eps}

Mit Hilfe von mehreren elektronenmikroskopischen Aufnahmen eines metallbedampften HPI-layers, die jeweils aus einem anderen Winkel von der Probe gemacht wurden, konnte auch seine 3D Struktur ermittelt werden [3]. Abbildung 1.6 zeigt das Bild eines 3D Modells von DR, das nach elektronenmikroskopischen Untersuchungen aus Holz gefertigt wurde.

All diese Untersuchungen machen DR zu dem strukturell vermutlich am besten untersuchten S-layer.


Das Molekulargewicht einer Einheitszelle des HPI-layers ist $655 \pm 36$kDa. Das Molekulargewicht der sechs einzelnen Protomere, die zusammen eine Einheitszelle bilden, beträgt jeweils 104kDa [5].

Die innere Oberfläche des HPI-layers ist durch einen hydrophoben Anker in der darunter liegenden äußeren Membran befestigt. In dem S-layer Protein von DR findet man fünf Stränge mit mehr als 20 ungeladenen Aminosäuren, und es ist sehr wahrscheinlich, daß sich die hydrophobischen Stränge dieser Sequenz zu $\alpha$-Helices formen und in der darunterliegende Membran verankern [32]. Die rauhere, äußere Oberfläche ist dagegen hydrophil [46].


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Michael Panhorst
2001-01-23